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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 51/2012/9: Obergericht

Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, hat am 5. Juli 2011 ein Urteil in einem Fall der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz gefällt. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und zu 26 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, wovon ein Teil aufgeschoben wurde. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beschuldigten auferlegt, mit Ausnahme der Kosten für die amtliche Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland beantragte die Bestätigung des Urteils der Vorinstanz. Das Gericht bestätigte die Strafe und entschied, dass der Beschuldigte die Kosten des Berufungsverfahrens tragen muss.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 51/2012/9

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 51/2012/9
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 51/2012/9 vom 12.04.2013 (SH)
Datum:12.04.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 428 Abs. 1 und Art. 433 StPO. Kosten- und Entschädigungsfolgen im Einspracheverfahren
Schlagwörter : Verfahren; Einsprache; Verfahren; Entschädigung; Einspracheverfahren; Rechtsmittel; Prozessordnung; Rechtsmittelverfahren; Befehl; Beschuldigte; Riklin; Hauptverfahren; Geschädigte; Basler; Kommentar; Entschädigungen; Säumnis; Rückzug; Aufwand; Staatsanwaltschaft; Hauptverhandlung; Rechtskraft; Verfügung; Geschädigten; Obsiegen; Zivilprozess; Wehrenberg/Bernhard
Rechtsnorm:Art. 356 StPO ;Art. 390 StPO ;Art. 392 StPO ;Art. 407 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 432 StPO ;Art. 433 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Manfred Rehbinder, Berner Bern , Art. 343 . 4 OR, 1992

Entscheid des Kantongerichts Nr. 51/2012/9

Art. 428 Abs. 1 und Art. 433 StPO. Kostenund Entschädigungsfolgen im Einspracheverfahren (OGE 51/2012/9 vom 12. April 2013)

Veröffentlichung im Amtsbericht

Im Einspracheverfahren gilt der säumige Beschuldigte in analoger Anwendung von Art. 428 Abs. 1 StPO als unterliegend und hat die Geschädigte für ihren Aufwand im kantonsgerichtlichen Verfahren zu entschädigen.

Ein Beschuldigter erhob Einsprache gegen einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft. Zur Hauptverhandlung erschien er nicht. Die Einzelrichterin des Kantonsgerichts schrieb hierauf das Verfahren zufolge Rückzugs der Einsprache ab und stellte fest, dass der Strafbefehl in Rechtskraft erwachsen sei. Die Kosten der Verfügung wurden dem Beschuldigten auferlegt. Der Geschädigten wurde keine Entschädigung zugesprochen. Das Obergericht hiess die dagegen erhobene Beschwerde der Geschädigten gut.

Aus den Erwägungen:

2.- a) In der angefochtenen Verfügung wird der Verzicht auf eine Entschädigung der Beschwerdeführerin mit einem Verweis auf eine Stelle im Basler Kommentar zu Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO1 begründet. Dort wird ausgeführt, in Analogie zu Art. 432 StPO rechtfertige sich nicht, der Privatklägerschaft eine Entschädigung für ihre Aufwendungen im Strafverfahren zuzusprechen, wenn die Zivilansprüche auf den Zivilweg verwiesen würden, da ihr die Zivilgerichte bei ihrem Obsiegen im Zivilprozess eine Entschädigung aus Zivilprozessrecht zusprechen würden.2

b) aa) Die Einsprache ist kein eigentliches Rechtsmittel, sondern ein Rechtsbehelf.3 Hält die Staatsanwaltschaft am Strafbefehl fest, überweist sie

  1. Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO,

    SR 312.0).

  2. Wehrenberg/Bernhard, Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung, Basel 2011, Art. 433 N. 7, S. 2870.

  3. Franz Riklin, Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung, Basel 2011, Art. 354 N. 4, S. 2399.

die Akten dem erstinstanzlichen Gericht. Der Strafbefehl gilt als Anklageschrift (Art. 356 Abs. 1 StPO). Daraufhin wird ein erstinstanzliches Hauptverfahren durchgeführt.4 Entsprechend werden auch die Kosten und Entschädigungen nach den für das erstinstanzliche Hauptverfahren geltenden Regeln (Art. 426 f. und Art. 429 ff. StPO) festgesetzt.

Allerdings weist das Einspracheverfahren in manchen Bereichen doch eher Ähnlichkeiten mit einem Rechtsmittelverfahren auf. Entsprechend werden im Einspracheverfahren in bestimmten Konstellationen die für Rechtsmittelverfahren geltenden Bestimmungen analog angewandt. Bezieht sich eine Einsprache nur auf die Kosten und Entschädigungen weitere Nebenfolgen, so entscheidet das Gericht in einem schriftlichen Verfahren (Art. 356 Abs. 6 StPO), wobei die Regeln zum schriftlichen Rechtsmittelverfahren nach Art. 390 StPO analog zur Anwendung kommen.5 Sodann wird gemäss Art. 356 Abs. 7 StPO der für das Rechtsmittelverfahren geltende Art. 392 StPO sinngemäss angewandt, wenn nur einzelne der im gleichen Verfahren beschuldigten Personen Einsprachen erhoben haben und diese in der Folge gutgeheissen werden.

Gerade auch bei den Säumnisfolgen fallen die Ähnlichkeiten zwischen dem Einspracheverfahren und dem Rechtsmittelverfahren auf: Bleibt die Einsprache erhebende Person der Hauptverhandlung unentschuldigt fern, gilt ihre Einsprache als zurückgezogen (Art. 356 Abs. 4 StPO). Dies hat zur Folge, dass der Strafbefehl zum Urteil wird und in Rechtskraft erwächst.6 Diese Regelung entspricht weitgehend derjenigen für das Berufungsverfahren (Art. 407 Abs. 1 StPO). Demgegenüber wird im regulären erstinstanzlichen Hauptverfahren bei Säumnis ein Abwesenheitsverfahren nach Art. 366 f. StPO durchgeführt. Auch ein Rückzug ist diesem Verfahren fremd. Im regulären erstinstanzlichen Hauptverfahren wird somit immer eine materielle Prüfung vorgenommen. Entsprechend werden die Kosten und Entschädigungen immer nach dem materiellen Unterliegen bzw. Obsiegen verteilt (Art. 426

f. und Art. 429 ff. StPO). Demgegenüber wird im Rechtsmittelverfahren bei Säumnis bzw. Rückzug davon ausgegangen, dass die betreffende Partei das Ergebnis des vorinstanzlichen Verfahrens - unabhängig davon, in welchem Umfang sie dort unterlag vollumfänglich anerkennt, weshalb sie unabhängig vom Ausgang des vorinstanzlichen Verfahrens als vollumfänglich unter-

4 Riklin, Art. 356 N. 1, S. 2407.

5 Riklin, Art. 356 N. 3, S. 2407.

6 Riklin, Art. 356 N. 4 f., S. 2407 f.

liegend und damit als kostenund entschädigungspflichtig gilt.7 Aufgrund der vergleichbaren Situation muss dasselbe auch im Einspracheverfahren gelten.

Dementsprechend gilt vorliegend der Beschuldigte in analoger Anwendung von Art. 428 Abs. 1 StPO im Einspracheverfahren als unterliegend und hat die Beschwerdeführerin für ihren Aufwand im kantonsgerichtlichen Verfahren voll zu entschädigen.

7 Art. 436 i.V.m. Art. 433 Abs. 1 lit. a und Art. 428 Abs. 1 StPO; Wehrenberg/Bernhard,

Art. 436 N. 4, S. 2876.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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